Vor knapp zwei Wochen wurde gegen neun Fans von Borussia Mönchengladbach eine Öffentlichkeitsfahndung angeordnet. Die Personen wurden beschuldigt im Zusammenhang mit Vorfällen in einem Zug nach dem Auswärtsspiel unserer Borussia in Wolfsburg am 5.3.2016 zu stehen.
Das Instrument der Öffentlichkeitsfahndung ist ein hartes Mittel, welches einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Gesuchten vorsieht. Man kann sich vorstellen, wie belastend es sein muss, am Arbeitsplatz und von Freunden und Familie auf den Sachverhalt angesprochen zu werden, wenn alle Welt es mitbekommt. Oftmals bleibt es nicht nur beim bloßen „ansprechen“, sondern führt, beispielsweise am Arbeitsplatz, zu erheblichen Konsequenzen bis hin zum Verlust desselben.
Aus diesem Grund setzt die Strafprozessordnung den Behörden aus gutem Grund hohe Schranken für die Zulässigkeit dieses Instruments. Zulässig ist eine Öffentlichkeitsfahndung nach § 131b StPO, der die „Veröffentlichung von Abbildungen des Beschuldigten oder Zeugen“ regelt, wenn die Aufklärung einer Straftat oder die Feststellung der Identität „erheblich weniger Erfolg versprechend“ oder „wesentlich erschwert“ wäre.
Die Fan-Hilfe Mönchengladbach sieht diese Grundsätze im vorliegenden Fall nicht gewahrt und daher ein rechtswidriges Vorgehen, welches die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt. Im Folgenden zählen wir einige Punkte auf, die uns zu diesem Schluss kommen lassen:
– Mindestens eine Person, die bei der Öffentlichkeitsfahndung gesucht worden ist, hat bereits für genau diesen Vorfall Post von der Polizei erhalten. Den Behörden war also nicht nur klar, um wen es sich bei der gesuchten Person handelt, sondern hatte sie auch schon kontaktiert. Warum trotzdem öffentlich nach der Person gefahndet werden musste, bleibt das Geheimnis der Dortmunder Bundespolizei.
– Mehrere Personen wurden vor den besagten Vorfällen schon einmal erkennungsdienstlich behandelt, dürfte den Behörden also ebenfalls zweifelsfrei bekannt gewesen sein. Diese Personen dürften ebenfalls in bundesweit verfügbaren Dateien der Polizei gespeichert sein, auf die man ohne Probleme hätte zugreifen können.
– Mehrere Personen sind ohne jeden Zweifel den szenekundigen Beamten (SKB) aus Mönchengladbach bekannt. Eine kurze Konsultierung der SKB’s, die immerhin genau für solche Fälle da sind, hat offensichtlich nicht einmal stattgefunden. „Wesentlich schwerer“, wie es das Gesetz so schön formuliert, wäre dieses Vorgehen sicherlich nicht gewesen und hätte viel schneller und leichter zum Erfolg geführt.
Die Fan-Hilfe Mönchengladbach zweifelt darüber hinaus die generelle Einordnung der Fans als Beschuldigte an. Uns ist bereits vor der Fahndung ein Fan bekannt gewesen, der eine Anzeige wegen der Vorfälle im Zug bekommen hat, jedoch nachweislich nicht einmal Insasse in diesem Zug war. Es hat dort keine Videoüberwachung gegeben (die veröffentlichten Fotos stammen aus einem vorangegangenen Zug), die Beschuldigungen gegen sämtliche Fans stützen sich daher wohl nur auf Zeugenaussagen. Diese Zeugenaussagen lagen mindestens in diesem einen Fall falsch. Es ist zu bedenken, dass sie auch bei einigen oder allen neun Fällen der Öffentlichkeitsfahndung falsch liegen könnten.
Den Fans hilft das gleichwohl wenig. Der Schaden bei ihnen ist angerichtet, sei es in Form von unangenehmen Ansprachen der Familie oder gar direkten Konsequenzen am Arbeitsplatz.
Die Fan-Hilfe Mönchengladbach unterstützt alle Betroffenen bei der Aufarbeitung der Ereignisse und wird weitere Schritte in die Wege leiten. Insbesondere werden wir die Missachtung des besagten § 131b beanstanden und etwaige Schmerzensgeldforderungen wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte geltend machen.
Fans, die in Zukunft Opfer solcher Maßnahmen werden, ermutigen wir, sich bei uns zu melden.
Fan-Hilfe Mönchengladbach