Fake News der türkischen Polizei

Die türkische Polizei reagiert aktuell auf die von uns als Fanhilfe erhobenen und in den Medien stark verbreiteten Vorwürfe mit eindeutigen Falschdarstellungen und Lügen. Wir haben in unserer Stellungnahme vom vergangenen Freitag ausführlich die Ereignisse des Donnerstagabends beschrieben – diese Darstellung ist nach wie vor korrekt und wird durch vielfache Augenzeugenberichte, die unabhängig voneinander sind und sowohl von Fans, Funktionären, als auch deutschen Zivilpolizisten bestätigt.

Um die haltlosen Behauptungen der türkischen Behörden, die zum Teil auch in den sozialen Netzwerken kursieren, nicht kommentarlos stehen zu lassen, gehen wir im Folgenden auf die Stellungnahme der Behörde ein.

Türkisches Original: 03.10.2019 günü saat 19.55 te Başakşehir Fatih Terim Stadyumunda Başakşehir-Borussia Mönchengladbach takımları arasında oynanan UEFA Avrupa Ligi grup müsabakası ile ilgili Alman kamuoyuna yansıyan 2 taraftarın gözaltına alındığı ve bayraklarının içerdiği dini semboller sebebiyle içeri alınmadığı, taraftarların zorla otobüslere bindirildiği haberleri gerçeği yansıtmamaktadır.

Deutsche Übersetzung: Meldungen dahingehend, dass beim Europa League Spiel zwischen Basaksehir und Borussia Mönchengladbach zwei Fans in Gewahrsam genommen, Fahnen, nur aus dem Grunde, dass sie religiöse Symboliken enthalten, nicht ins Stadion gelassen und Fans zum Einsteigen in Busse gezwungen wurden, entsprechen nicht der Realität.

Kommentar der Fanhilfe: Die hier getätigten drei Statements der türkischen Polizei sind allesamt falsch.

  1. Es wurden Fans zwischenzeitlich in Gewahrsam genommen, da ihnen vorgeworfen wurde, Polizisten körperlich angegriffen zu haben. Dies stellte sich durch Videoaufnahmen und Augenzeugen glücklicherweise als erfundene Lüge heraus, weshalb die Fans laufen gelassen werden mussten.
  2. Ein Fahnenverbot wurde sehr wohl mit religiöser Symbolik begründet. Wie wir ausführlich berichtet hatten, nahmen die Polizisten und Ordner an dem Stadtpatron St. Vitus Anstoß, der auf dem alten Stadtwappen abgebildet ist. Die Polizisten und Ordner schrien während der Kontrolle mehrfach ,,This is christian!‘‘ und bezogen ihr Verbot explizit darauf.
  3. Einen Vorwurf, dass Fans gezwungen worden sind in die Busse zu steigen, haben wir nie erhoben. Viel mehr wurde darauf verwiesen, dass es ein Zwang war, die Busse zu benutzen und andernfalls keinen Einlass ins Stadion zu bekommen. Diesen Zwang kann man ohne Weiteres auf den vor dem Spiel gemachten Ankündigungen nachlesen.

Türkisches Original: İstanbul Emniyet Müdürlüğü Spor Güvenliği Şube Müdürlüğünce yapılan çalışmalarda; Misafir takım seyircisi otobüslerle stadyuma güvenli bir şekilde intikal ettirilmiş, misafir seyircinin getirmiş olduğu ve aşağıda fotoğrafları bulunan pankartlar ile yine misafir seyircinin getirdiği atkı tarzındaki çeşitli materyaller Almanca bilen personelimizce kontrol edilmiş, ayrıca misafir takım seyircisi ile birlikte gelen Türkçe ve Almanca bilen misafir kulüp özel güvenlik görevlilerinin eşliğinde kontrol edilerek içeri alınmış, görüşü etkilemeyecek şekilde tribünün çeşitli yerlerine asılmalarına 6222 sayılı kanunun 7. Maddesi, 6222 sayılı kanunun uygulanmasına ilişkin yönetmeliğin 8. maddesi gereği müsabaka güvenlik amiri tarafından izin verilmiştir.

Deutsche Übersetzung: Die Abteilung Spor Sube der Istanbuler Polizei hat während ihres Einsatzes folgende Maßnahmen durchgeführt:

  1. Gästefans wurden sicher mit Bussen zum Stadion gebracht
  2. Mitgeführte Banner und schalartige Materialien wurden sowohl von Beamten, die der deutschen Sprache mächtig sind, als auch vom Sicherheitsdienst des Gastvereins kontrolliert.
  3. In Bezug auf das Gesetz mit der Nummer 6222 Absatz 7 und 8 wurde es gestattet, dass genannte Banner an bestimmten Punkten im Stadion aufgegangen werden dürfen, insofern sie keine Sichtbehinderung darstellen

Kommentar der Fanhilfe: Hierzu ist festzustellen, dass die genannten Punkte an den erhobenen Vorwürfen der Fans vorbeigehen.

  1. ,,Sicher‘‘ lief die Busanfahrt an sich zwar schon, führte durch die katastrophale Organisation der türkischen Polizei sowie deren Verzögerungen zu einer inakzeptabel späten Ankunftszeit. Dieser verursachte das Gedränge am Stadioneingang, welches wiederum aggressiv von den türkischen Polizisten beantwortet wurde.
    Dass die Fahrt nicht ,,sicher‘‘ war, war nie ein erhobener Vorwurf – sie war nur unbegründet sowie schlecht organisiert und führte daher zu Problemen.
  2. Ein türkischer Beamter, der der deutschen Sprache mächtig war, war für uns und alle anwesenden Fans zu keiner Zeit ersichtlich. Viel mehr waren die meisten Beamten auch nur rudimentär des Englischen mächtig und ein Gladbacher Ordner mit Türkischkenntnissen musste vermitteln. Auch dies war allerdings kein Vorwurf, sondern das aggressive und eskalierende Verhalten der Beamten.
  3. Banner wurden aufgrund ihres Inhalts verboten. Diese durften nicht einmal mit ins Stadion genommen, geschweige denn an geeigneten Stellen aufgehangen werden. Diese Aussage zeugt von fehlender Kenntnis des Einsatzes.

Türkisches Original: Müsabaka bitimi misafir seyirciler Sultanahmet Meydanına güvenli bir şekilde intikal ettirilmişlerdir. Misafir seyircinin çıkışı sırasında yaklaşık 30 kadar misafir seyirci otellerinin stadyuma yakın noktalarda olduğunu beyan etmiş, bunun üzerine ev sahibi seyircilerin dağılımı bittikten sonra bahse konu 30 misafir seyircinin stadyumdan bireysel olarak ayrılmaları sağlanmıştır.

Deutsche Übersetzung: Nach Beendigung der Partie wurden die Gästefans sicher zum Sultanahmet Platz gebracht. 30 Zuschauer, die ihr Hotel in der Nähe des Stadions hatten, wurde es nach Abreise des Heimpublikums gestattet, das Stadion individuell zu verlassen.

Kommentar der Fanhilfe: Auch diese Aussage geht an den erhobenen Vorwürfen vorbei. Die Fanhilfe sowie sämtliche Fans behauptete zu keinem Zeitpunkt, dass die Abreise irgendwelche Probleme aufgeworfen habe.

Türkisches Original: İzin verilen pankartlar dışında seyirciler tarafından „ULTRAS“ ibareli bir pankart getirilmiş, ULTRAS ibaresi sporda şiddet ve holiganizmi çağrıştırdığından yukardaki hükümler gereği yalnızca bu pankartın girişine izin verilemeyeceği söylenmiş ve bahse konu pankartları getiren (10) şahıs pankartlarına izin verilmemesi durumunda stadyuma girmek istemediklerini belirterek turnikelerin dış kısmında bulunan merdivenlerde oturarak müsabaka bitimine kadar beklemişlerdir.

Deutsche Übersetzung: Neben den Bannern, deren Mitnahme ins Stadion gestattet wurde, wurde der Versuch unternommen ein Banner mit der Aufschrift „ULTRAS“ mit ins Stadion zu führen. Da diese Aufschrift in Bezug auf das genannte Gesetz 6222 ABS. 7&8 mit Gewalt und Hooliganismus assoziiert wird, wurde den Anwesenden Zuschauern mitgeteilt, dass das Banner nicht mit ins Stadion geführt werden darf. 10 Personen, die besagtes Banner mit sich führten, verbrachten die Partie daraufhin vor den Stadiontoren auf einer Treppe.

Kommentar der Fanhilfe: Es stimmt, dass ein Banner mit der Aufschrift ,,Ultras‘‘ verboten worden ist. Dieses Verbot sowie der Verweis auf das Gesetz 6222 ist dem Verein sowie den Fans vorher nicht mitgeteilt worden, sondern wurde erst während der Kontrolle bekannt. Dass es keine vorherige Mitteilung über das Verbot gab, haben wir uns erst heute vom Verein bestätigen lassen.

Die Fanhilfe hält dazu weiter fest, dass der Ultras-Schriftzug nicht gleichzusetzen ist mit Gewalt und Hooliganismus, sondern in der deutschen Fankultur fest verankert und in jedem Stadion zu sehen. Im Stadion von Galatasaray hängen darüber hinaus diverse Fahnen mit dem ,,Ultraslan‘‘-Schriftzug einer bekannten türkischen Fangruppierung, an denen die Behörden ebenfalls keinen Anstoß nehmen.

Im Gegensatz dazu nahm man an dem Mönchengladbacher und ebenfalls an einem Pariser Ultras-Schriftzug zwei Tage zuvor erheblichen Anstoß. Beim Gastspiel von PSG musste das Banner während des Spiels durch polizeilichen Zwang abgehangen werden, auch dort kam es zu Gewalt gegen Gästefans. Wir halten dies für eine reine Schikane, nicht für eine ernstzunehmende Maßnahme gegen Fangewalt – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Schriftzug mal erlaubt und mal verboten ist. Das Gesetz 6222, auf das sich die Polizei bezieht, ist eine Gängelung von Fans und verschärft allerlei alltägliche Fanaktionen oder kriminalisiert sie gar.

Die besagten zehn Personen sind nicht nur wegen der Ultras-Fahne, sondern auch wegen anderer verbotener Fahnen draußen geblieben, u.a. der St. Vitus-Fahne. Sie taten dies nicht freiwillig, sondern mussten dies tun, der Einlass zum Stadion war ihnen verwehrt.

Türkisches Original: Müsabakada misafir seyirciden kimseye herhangi bir işlem yapılmamış, stadyum misafir seyirci kontrol noktasına yukarda belirtilenler dışında dini sembol içeren herhangi bir pankart getirilmemiştir.

Deutsche Übersetzung: Bei dieser Partie wurden keine rechtlichen Schritte gegen Gästefans vorgenommen. Ausserdem wurde kein Banner, außer besagtes „ULTRAS“ Banner, mit christlicher Symbolik vom Kontrollpunkt für Gästezuschauer aus mit ins Stadion geführt.

Kommentar der Fanhilfe: Korrekt ist, dass keine nachträglichen rechtliche Schritte unternommen worden sind. Dauerhafte Festnahmen sowie Ermittlungsverfahren sind uns jedenfalls (noch) nicht bekannt.
Dass lediglich das Ultras-Banner verboten worden ist und es kein Verbot einer Fahne aufgrund ihrer christlichen Symbolik gegeben hat, ist eine glatte Lüge. Wie in unserer Stellungnahme vom vergangenen Freitag nachzulesen ist, war sogar insbesondere der abgebildete St. Vitus Stein des Anstoßes für die Verbote sowie Auslöser der aggressiven und auch körperlichen Attacken gegen deutsche Fans. Über diese Attacken verliert die Polizei in ihrer Stellungnahme kein Wort, sondern kehrt sie offensichtlich unter den Tisch.

Wir sind erschüttert darüber, dass eine staatliche Behörde die Geschehnisse dermaßen in ihr Gegenteil verkehrt und zweifelsfrei Falschmeldungen lanciert. Die türkische Polizei verbreitet hier schlicht Fake News. Die anwesenden Szenekundigen Beamten der deutschen Polizei, anwesende Funktionäre und Ordner von Borussia Mönchengladbach sowie zahlreiche Fans bestätigten dies.

Wir sehen uns durch die blanke Klarheit der Falschmeldungen in unseren Forderungen bestätigt, dass an einer fairen Behandlung von Gästefans in der Türkei kein Interesse besteht. Die Lügen der türkischen Polizei sind ein weiterer Beleg dafür, dass dort kein geeignetes Sicherheitskonzept vorhanden ist, um ein für alle Fans tragbares und würdiges Fußballspiel zu gewährleisten. Wir wiederholen uns, dass in Anbetracht dieser Tatsachen die Austragung des Champions League-Finals 2020 in letzter Konsequenz hinterfragt werden muss. Wer Fans erst schikaniert, ihnen christliche Symbole verbietet und sie auch noch angreift, dann im Nachhinein darüber lügt und sich ausschweigt, kann kein angemessener Gastgeber sein.

Fanhilfe Mönchengladbach

(Danke für die Übersetzung an Sinan!)

Stellungnahme zu den Vorfällen in Istanbul

Am gestrigen Abend (03.10.2019) fand das zweite Gruppenspiel der UEFA Europa League in dieser Saison statt. Borussia Mönchengladbach bestritt ihr erstes Auswärtsspiel beim türkischen Istanbul Basaksehir FK. Es kam zu einer massiv verspäteten Ankunft des polizeilich angeordneten Buskonvois sowie einer anschließenden massiven Schikane Gladbacher Fans durch die türkische Polizei. Im Folgenden möchten wir als Fanhilfe, die die Ereignisse während des Spiels publik gemacht hat, das Geschehene verständlich zusammenfassen:

Die Anfahrt

Die Polizei ordnete einige Wochen vor dem Spiel eine Pflicht zur Busanreise vom Stadtzentrum zum Stadion an. Sämtliche deutsche Fans mussten diese Anreisevariante wählen, andernfalls würde ihnen der Zutritt zum Stadion verwehrt werden. Bereits diese Maßnahme sehen wir als unbegründet an: Beim letzten Gladbacher Gastspiel in Istanbul (vor sieben Jahren, gegen Fenerbahçe) konnten die Fans sich frei bewegen, sind mit eigens organisierten Schiffen und anschließend per Fanmarsch zum Stadion gelangt. Und das, obwohl damals 1) deutlich mehr Borussen vor Ort waren und 2) Fener ein deutlich größeres Fanpotenzial aufweist, als der gestrige Gegner Basaksehir.

Die Abfahrt der Busse war für 17 Uhr angesetzt. Zu diesem Zeitpunkt und damit überpünktlich waren alle der mehr als tausend Borussen bereits an dem besagten Treffpunkt. Die knapp 30 Reisebusse kamen allerdings erst nach und nach an, mussten dann darüber hinaus noch kompliziert rückwärts in eine Seitenstraße einparken. Zu allem Überfluss errichtete die türkische Polizei eine Kontrolle, die die Fans passieren mussten – obwohl sie dies am Stadion ohnehin tun müssen. Das schlecht organisierte und sinnlose Prozedere führte zu einer verspäteten Abfahrt von 45 min.

Der berühmt berüchtigte Istanbuler Stadtverkehr zu dieser Zeit tat sein Übriges dazu. Der riesige Konvoi steckte mehrmals in stockendem Verkehr und Stau, fuhr zur Umgehung einen respektablen Umweg (von ca. 25 km direktem Weg auf 40 km tatsächlicher Strecke) und erreichte das Stadion entsprechend knapp: Die ersten Fans konnten gerade einmal zehn Minuten vor Anpfiff aus dem Bus steigen, die meisten Fans hatten zu diesem Zeitpunkt bereits keine Hoffnung mehr den Anstoß zu erleben.

Der Einlass

Die Situation am Einlass ist bei einer 1) vierstelligen Anzahl ankommender Fans, 2) lediglich wenigen Minuten bis Spielbeginn (und mit der Zeit einigen Minuten nach selbigem) sowie 3) lediglich vier Drehkreuzen unschwer auszumalen. Es kam zu langen Schlangen, kleinerem Gedrängel und Unmutsbekundungen der anwesenden Gladbacher. Trotz des Unmuts behielten diese jedoch jederzeit die Nerven, wurden nicht handgreiflich und verhielten sich weitgehend ruhig sowie kooperativ.

Die vor Ort befindlichen Polizisten reagierten genau umgekehrt und fingen beim kleinsten Anzeichen von Gedrängel an, körperlich zu werden. Fans wurden geschubst und bedroht. Dass die Situation, trotz Enge und aggressivem Auftreten der Polizei, nicht eskaliert ist, ist dem besonnenen Verhalten der Fans zu verdanken.

Die Fahnen

Parallel zur angespannten Situation vor den Drehkreuzen, fand unmittelbar hinter diesen die Kontrolle der von den Fans mitgebrachten Fahnen statt. Diese war angekündigt: Fans müssen die Fahnen zeigen, sie übersetzen lassen und dürfen sie anschließend mit in den Block nehmen.

Die Kontrolle gestaltete sich jedoch komplizierter und eskalierte. Mehrere Fahnen stießen den türkischen Polizisten und Ordnern auf und sollten verboten werden. Insbesondere erregte eine Fahne mit dem alten sowie dem aktuellen Stadtwappen Mönchengladbachs die Gemüter der Ordnungskräfte. Der auf dem alten Wappen abgebildete St. Vitus, Patron der Stadt, führte zu lautem Geschrei. Auf gebrochenem Englisch wurde mehrfach geschrien: „What is this? What is this?“, „Christian! This is christian!“. Die Fans probierten auf Englisch zu erklären, dass das Wappen das Symbol der Stadt Mönchengladbach sei. Ein türkischsprachiger Ordner Borussias sowie die anwesenden Szenekundigen Beamten (SKB) aus Mönchengladbach probierten mit Verweis auf die Google-Bildersuche und auf türkisch ebenfalls zu vermitteln – ohne Erfolg. Seitens der türkischen Polizisten und Ordner bestand zu diesem Zeitpunkt kein Interesse mehr an einer vernünftigen Kommunikation.

Die Fans wurden nicht nur angeschrien, sondern auch körperlich drangsaliert. Es wurde probiert nach den Fahnen zu greifen, was die Fans mit dem defensiven Festhalten an Selbigen probierten zu verhindern. Fans mit Fahnen wurde gegen die Wand geschubst und dort gedrückt. Ein Fan an der Wand wurde kurzzeitig gewürgt. In dieser Situation sind nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten und -aussagen auch Fanbeauftragte sowie ein Mönchengladbach SKB körperlich angegangen worden.

Die Ingewahrsamnahmen und Rauswürfe

In dieser Situation wurden mehrere Fans von der Polizei in Gewahrsam genommen und anschließend separiert. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie in der heiklen Situation rund um die Fahnenkontrolle Polizisten geschlagen haben sollen. Dieser Vorwurf war erfunden und entspricht nicht der Realität. Unserer Einschätzung nach diente er lediglich als Vorwand, um Fans einzuschüchtern und ihnen mit einer dauerhaften Festnahme sowie der Zuführung in ein Gefängnis zu drohen.

Währenddessen wurde den restlichen Fans in der Fahnenkontrolle mitgeteilt, dass die beanstandeten Fahnen keinen Einlass erhalten würden. Die Fans hätten mitsamt der Fahnen das Stadion zu verlassen. Voller Unverständnis, aber ruhig und deeskalierend, verließen die Fans das Stadion. In der Folge mussten sie die inzwischen restlichen 80 Spielminuten plus 30 Minuten Blocksperre auf den Stufen des Stadionvorplatzes verbringen, da sie ja verpflichtet waren, das Gebiet erneut mit dem gemeinsamen Buskonvoi zu verlassen.

Darüber hinaus sind nach unseren Informationen zwei weitere Fans aus dem Unterrang des Gästeblocks abgeführt worden, da diese nach dem 0:1 aus Gladbacher Sicht aus Frust gegen die Plexiglasscheibe geschlagen hatten.

Das Fazit

Alle Gladbacher konnten das Stadion (bzw. den Vorplatz) verlassen und die gemeinsame Abreise antreten. Von Ermittlungsverfahren ist uns aktuell nichts bekannt.

Eine schlimmere Eskalation ist einzig und allein dem besonnen Auftreten der Mönchengladbacher Fans zu verdanken. Diese blieben sowohl in Anbetracht der Tatsache, dass sie zum ersten Europapokalauswärtsspiel seit Jahren den Anpfiff verpassen würden, als auch angesichts des aggressiven Verhaltens der türkischen Polizei jederzeit ruhig und friedlich.

Die türkische Polizei sowie ebenfalls die Ordner des Heimvereins hatten zu keinem Zeitpunkt Interesse an einem kooperativen Verhalten oder an Kommunikation. Im Gegenteil wurde die, durch die von der Polizei selbstverschuldete späte Ankunft, hitzige Situation noch weiter verschärft. Provokationen, verbale und körperliche Gewalt sowie das Erfinden von Tatvorwürfen führten zu einer Eskalation der Lage.

Unsere Forderungen

Eine derart massive Schikane friedlicher Fans, die ihren Verein im Europapokal unterstützen wollten und dafür weder Kosten noch Mühen gescheut haben, darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Unseren Informationen nach sind bereits zwei Tage zuvor, als Paris Saint Germain bei Galatasaray Istanbul zu Gast war, ähnliche Ereignisse geschehen. Wir als Fanhilfe der betroffenen Gladbacher Fans fordern daher:

  • Die türkische Polizei sowie die Ordnungskräfte des Heimvereins Basaksehir fordern wir eindringlich auf, ihr gesamtes Sicherheitskonzept zu überdenken. Die Busanreise war nicht gerechtfertigt und führte nur zu Problemen. Die dadurch entstandene Situation am Einlass wurde nicht ent-, sondern verschärft. Sämtlichen Situationen wurde mit Aggressivität statt Kommunikation begegnet. Das Verbot von Fahnen ist nicht nachzuvollziehen. Hier ist insbesondere die Begründung in Bezug auf die Figur des St. Vitus zu hinterfragen. Dieser ist vollkommen offensichtlich als Bezug zur Stadt Mönchengladbach gemeint, nicht als explizit christliches Symbol – und selbst wenn dem so wäre, würde dies kein Verbot der Fahne rechtfertigen. Diese Praxis muss dringend geändert werden.
  • Borussia Mönchengladbach hat sich in Form von Stephan Schippers, Max Eberl sowie Torschütze Patrick Herrmann klar positioniert und hinter die eigenen Fans gestellt. Wir begrüßen dieses Zeichen der Solidarität ausdrücklich. Nichtsdestotrotz muss diesen Worten ein entschiedenes Auftreten gegenüber der UEFA erfolgen. Ein Abtun der Vorwürfe kann angesichts der glasklaren Sachlage sowie der skandalösen Schikane keine Option sein, mit der man sich abspeisen lassen sollte.
  • Die UEFA muss die Vorwürfe ernst nehmen und mit der gebotenen Konsequenz verfolgen. Bei einer entsprechenden Untersuchung der Ereignisse wird sich herausstellen, dass die erhobenen Vorwürfe ohne Ausnahme stimmen und hier Fans schikaniert worden sind sowie leichtfertig mit deren körperlichen Versehrtheit umgegangen worden ist. Sollte sich in Anbetracht des Vorfalls zwei Tage zuvor herausstellen, dass die türkische Polizei bewusst auf eine Eskalationsstrategie gegen ausländische Fans setzt, muss in letzter Konsequenz auch die Austragung des Champions League Finals 2020 in Istanbul überdacht werden, da das Wohl anreisender Fans so nicht gewährleistet ist.

Fanhilfe Mönchengladbach