Einer großen deutschen Tageszeitung ist heute zu entnehmen, dass der Stadionparkplatz P4 des BORUSSIA PARKs als ein sogenannter „gefährlicher Ort“ eingestuft wird. Der Parkplatz gehöre damit nach der Schlagzeile der besagten Zeitung zu den „gefährlichsten Orten in NRW“, an dem am Spieltag zahlreiche Straftaten begangen würden.
Die Einstufung als solche erfolgt nach § 12 Abs. 1.2. des Polizeigesetz NRW. Sie verschafft der Polizei an diesem Ort weitreichendere Befugnisse. So sind beispielsweise polizeiliche Maßnahmen gegen Personen ohne das Bestehen eines konkreten Tatverdachts ermöglicht. Ein personenübergreifender Verdacht gegen ganze Gruppen bis hin zu allen Anwesenden des Ortes, unabhängig von einem tatsächlich vorliegenden Gefahrenpotenzial, ist dadurch gegeben. Die Hürden für Aktionen der Staatsgewalt sind im Vergleich zu anderen Orten also deutlich herabgesetzt. Eine Klassifizierung als gefährlicher Ort legitimiert sich dabei maßgeblich durch die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) – also durch die Polizei selbst.
Die Fanhilfe Mönchengladbach kritisiert die Suggestion, dass es sich bei dem Stadionparkplatz um einen außergewöhnlich kriminalitätsbelasteten Ort handelt. Die besondere Situation eines Bundesligaspiels, sowie das oftmals problematische Verhältnis zwischen Polizei und Fans folgern eine Reihe von Punkten, die die Einstufung bedenkenswert erscheinen lassen.
- Jedes Bundesligaspiel wird von einer mittleren fünfstelligen Zahl von Fans besucht, ein großer Teil dieser Menschen parkt auf den Stadionparkplätzen. In Mönchengladbach dürfte es keine vergleichbare Konzentration von Personen auf engem Raum zu einem bestimmten Zeitpunkt geben. Dass eine so dermaßen hohe Zahl an Personen an einem Ort zu einer Zeit zu einer höheren Zahl an Straftaten führt als an einem Ort, an dem sich nur ein Bruchteil der Personenzahl befindet, ist natürlich. Vergleiche in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Kriminalitätsbelastung bei Fußballspielen im Verhältnis zu anderen Orten aber keineswegs erhöht ist.
- Fußballspiele werden von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Eine regelmäßig dreistellige, manchmal vierstellige Anzahl an Beamten sorgt für eine extrem überdurchschnittliche Polizeipräsenz. Diese Tatsache führt ebenfalls logischerweise zur Erfassung von mehr Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Einfach ausgedrückt: Während eine Schlägerei in der Altstadt oder Kneipe oft unbemerkt und somit ungeahndet von der Polizei abläuft, kann eine Schubserei neben dem Stadion schnell zum Anrücken einer Hundertschaft führen.
- Der Stadionparkplatz P4 wird seit Mai 2016 als „gefährlicher Ort“ geführt, was der Polizei bereits seit diesem Zeitpunkt weitreichendere Befugnisse verschafft. Die einfachere Identitätsfeststellung oder Durchsuchung von Fans und Fangruppen führt ebenfalls zwangsweise zu einer erhöhten Belastung in der PKS. Gerade in Kombination mit dem vorigen Punkt erscheint es logisch, dass viele Polizisten und eine leichtere Handhabe repressiver Maßnahmen zu einer regelrechten Spirale von erfasster Kriminalität führen, die aber nichts mit einer objektiven und im Verhältnis zu anderen Orten stehenden Einschätzung zu tun hat.
- Zuletzt ist anzumerken, dass die Polizei ein ureigenes Interesse daran hat, dass der Stadionparkplatz als „gefährlicher Ort“ eingestuft wird. In ihrer Arbeit, die oftmals von Konflikten mit Fans begleitet wird, erleichtert es ihr repressive Maßnahmen gegen für sie unliebsame Gruppen und Personen. Es ist zu bedenken, dass die Polizei bewusst und mit Nachdruck zu der Einstufung als „gefährlicher Ort“ beiträgt, da es ihr die besagten Möglichkeiten verschafft. Dies wiederum hat dann aber ebenfalls nichts mit einer objektiven Gefahr zu tun, sondern mit einem subjektiv und aus eigenen Interessen herbeigeführten Zustand.
Die Fanhilfe Mönchengladbach spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass das Stadionumfeld unnötig kriminalisiert und als Angstraum stigmatisiert wird. Erfahrungen von Fans und Kampagnen wie „Ich fühl‘ mich sicher“ haben gezeigt, dass regelmäßige Stadionbesuche keine überdurchschnittliche Gefahr im und um deutsche Stadien fürchten – auch nicht in Mönchengladbach.
Wir appellieren an die Medien von populistischer Stimmungsmache, die nichts mit den realen Erfahrungen rund um unser Stadion zu tun hat, abzusehen. Die Einstufung sollte kritisch und objektiv betrachtet und dann anständig eingeordnet, anstatt für reißerische Überschriften verwendet zu werden.
Zur näheren Auseinandersetzung mit dem Thema empfehlen wir das Essay „Die Konstruktion gefährlicher Orte“: http://www.sozialraum.de/die-konstruktion-gefaehrlicher-orte.php
Fanhilfe Mönchengladbach