Still und heimlich hat der europäische Fußballverband UEFA zur aktuell startenden Saison 2019/2020 sein Sicherheitsreglement geändert. Dass weder die UEFA selbst, noch die am Europapokal teilnehmenden Vereine die Änderung groß publik gemacht haben, verwundert nicht, da einige böse Überraschungen auf die Fans warten. Wer in der kommenden Saison Spiele seines Vereins in der Champions League oder Europa League im Stadion verfolgen möchte, muss mit der Erhebung seiner Personalien sowie deren Weitergabe an autoritäre Staaten und deren Behörden rechnen.
Im zweiten Kapitel des UEFA-Reglements regelt Artikel 16 die „Angaben über den Karteninhaber“. In der alten Version, gültig seit 2016, war den am europäischen Wettbewerb teilnehmenden Vereinen eine detaillierte Datenerhebung freigestellt. „Soweit es die Umstände erfordern“, also nach Einschätzung des jeweiligen Vereins, konnte eine Datenerhebung über Namen und Adressen stattfinden, verpflichtend war diese jedoch nicht. Darüber hinaus wurden keine Verpflichtungen angeführt, die Daten an Dritte, etwa Verbände oder Behörden, weiterzugeben.
Die Überarbeitung des Reglements beinhaltet ab der neuen Saison nun diverse Verschärfungen, die in Hinblick auf den Datenschutz der Fußballfans fragwürdig sind und rechtsstaatliche Aspekte komplett außer Acht lassen:
- Die teilnehmenden Verbände und Vereine werden dazu verpflichtet, detaillierte Angaben über alle Stadionbesucher zu führen. Diese Datenerhebung muss mindestens Namen, Adressen und Geburtsdaten aller Fans umfassen. Eine Prüfung der Umstände und Einschätzung der Vereine zur Notwendigkeit, wie bislang, gibt es nicht mehr – die Pflicht gilt ohne Ausnahme und für alle Spiele.
- Alle Vereine werden dazu verpflichtet der UEFA, dem etwaigen Ausrichter sowie der lokalen und nationalen Polizei des Ausrichters die Daten zur Verfügung zu stellen.
- Alle Vereine werden dazu verpflichtet, Polizeibehörden von Ländern, durch die Fans zum Auswärtsspiel gereist sind, falls erforderlich zur Verfügung zu stellen.
- Im Falle einer Nicht-Einhaltung der neuen Regeln kann eine teilweise oder vollständige Reduzierung des Eintrittskartenkontingents für ein oder mehrere künftige Spiele als Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden.
Wir, als Fanhilfe Mönchengladbach, deren Verein und Fanszene in der kommenden Saison international vertreten und daher von dieser Überarbeitung betroffen sind, kritisieren die Überarbeitung des Sicherheitsreglements entschieden.
Eine Pflicht zur Personalisierung stellt für uns einen inakzeptablen Eingriff in die Rechte der Fans und Eigenständigkeit der Vereine dar. Personalisierte Tickets stellen kein Mehr an Sicherheit, sondern lediglich ein Mehr an Datensammlung dar. Millionen von unbescholtenen Fußballfans in ganz Europa werden durch das neue Sicherheitsreglement der UEFA unter einen Generalverdacht gestellt, der nicht im Ansatz berechtigt ist.
Darüber hinaus kritisieren wir in aller Deutlichkeit die Pflicht zur Weitergabe der Daten an Dritte. Der Sinn der Weitergabe an die UEFA erschließt sich schlicht überhaupt nicht. Die Weitergabe an lokale und nationale Polizeibehörden ist darüber hinaus besonders in Hinblick auf fehlende Rechtsstaatlichkeit einiger Länder, deren Vereine an den europäischen Wettbewerben teilnehmen, kritisch zu betrachten.
Bereits im Rahmen der Weltmeisterschaft 2018 in Russland kritisierten Datenschützer und Politiker die Weitergabe von Daten der fragwürdigen „Gewalttäter Sport-Datei“ an russische Behörden. Einträge der ohnehin fragwürdigen Datei an einen Nicht-EU-Staat weiterzugeben, sei rechtsstaatlich in höchstem Maße bedenklich, wenn nicht gar rechtswidrig. Dieses bis dato einmalige Prozedere wird mit dem neuen Sicherheitsreglement zum Regelfall: Fußballfans, die einfach ihrem Verein durch Europa folgen, müssen mit der Weitergabe ihrer Daten an autoritäre und rechtsstaatlich zweifelhafte Staaten und deren Behörden rechnen.
Der unter Punkt 3. aufgeführte Aspekt ist darüber hinaus so schwammig formuliert, dass eine Weitergabe an besagte Staaten auch erfolgen kann, wenn in diesen gar nicht gespielt wird. So ist es dem Wortlaut des neuen Reglements zufolge denkbar, dass bei einem Auswärtsspiel in den EU-Staaten des Baltikums oder in Finnland, Daten an weißrussische Polizeibehörden weitergegeben werden.
Wir als Fanhilfe fordern daher die Rücknahme des überarbeiteten Artikel 16 im Sicherheitsreglement der UEFA. Darüber hinaus fordern wir die international vertretenen Vereine auf, das neue Reglement nicht einfach hinzunehmen, sondern ihre Kritik darüber zum Ausdruck zu bringen und auf eine Änderung hinzuwirken. Dass Borussia fortan Daten der Fans, die sie bedingungslos unterstützen, an autoritäre Staaten übertragen, ist für uns ein inakzeptabler Zustand.
Stadionbesucher dürfen nicht kriminalisiert werden – Artikel 16 des UEFA-Sicherheitsreglements ändern!
Fanhilfe Mönchengladbach