Mehrere dutzend Fans von Borussia Mönchengladbach sind beim morgigen Derby von sogenannten Betretungs- und Aufenthaltsverboten (gemäß § 34 (2) PolG NRW) betroffen. Eine solche Maßnahme stellt einen schweren Eingriff in die Reisefreiheit der Betroffenen dar.
Wir hatten uns bereits Ende vergangenen Jahres zu Betretungsverboten in Köln geäußert, nachdem ein Mitglied der Fan-Hilfe erfolgreich gegen sein Betretungsverbot geklagt und das Verwaltungsgericht Köln die Rechtswidrigkeit der Maßnahme bestätigt hatte:
http://fanhilfe-moenchengladbach.de/betretungsverbot-wegen-einseitiger-ermittlungen-gekippt/
Darüber hinaus haben wir auch in anderen Zusammenhängen die Aussprache solcher Verbote nach dem „Gießkannenprinzip“ kritisiert, da die Begründungen oftmals nicht den Eindruck erwecken, dass hier eine genaue Anschauung der Person vorgelegen und man nach rechtsstaatlichen Kriterien abgewogen hat.
Bei den besagten Verboten für das anstehende Derby ist uns in diesem Zusammenhang besonders das Schreiben gegen den Borussia-Fan Kalle (*Name geändert) ins Auge gefallen. Es bestätigt unsere Sicht, dass die Verbote mindestens zum Teil aufgrund von fragwürdigen Begründungen ausgesprochen werden. Außerdem finden sich in dem Schreiben mehrere Stellen, die wenigstens auf ein unsauberes Arbeiten des Polizeipräsidiums Köln schließen lassen.
Die Begründung beginnt mit folgendem Wortlaut:
Dazu muss gesagt werden, dass Kalle nur insofern ,,strafrechtlich in Erscheinung getreten‘‘ ist, als dass derzeit Ermittlungsverfahren gegen ihn laufen. Eine rechtskräftige Verurteilung hat es gegen ihn generell noch nie gegeben, geschweige denn im Zusammenhang mit Fußballspielen.
Die Fan-Hilfe Mönchengladbach kritisierte bereits in der Vergangenheit, dass massive Einschnitte in die Rechte von Fußballfans ohne eine Verurteilung stattgefunden haben. Kurios wird der vorliegende Fall aber insbesondere, wenn man sich die in der Folge genannten, einzelnen Vorfälle und polizeilichen Einschätzungen von Kalle ansieht.
Schauen wir uns im Folgenden einige der einzelnen Begründungen, die die Polizei aufführt, an:
Kalle ist also nach Bern gereist, viel mehr geht aus diesem Punkt nicht hervor. Es wurden bei der Kontrolle keine strafrechtlich relevanten Gegenstände gefunden, Kalle wurde keiner Straftat beschuldigt, generell ist es bei der besagten Kontrolle zu keinem einzigen strafrechtlich relevanten Vorfall gekommen.
Inwiefern die bloße Ausreise zum Spiel des Lieblingsvereins einen Teil der Begründung für einen massiven Eingriff in die Reisefreiheit eines Menschen darstellt, erschließt sich der Fan-Hilfe Mönchengladbach nicht.
Wurde hier vom Polizeipräsidium Köln ein Kölner Spitzel in der Mönchengladbacher Szene enttarnt? Wohl kaum: Kalle ist nicht nur durch und durch Borusse, sondern war auch nicht bei besagtem Vorfall auf der Jahnwiese dabei.
Viel mehr handelt es sich wohl um mehrere grobe Schnitzer, die zumindest die Frage aufwerfen, wie sorgsam man die Begründung der Betretungsverbote im Kölner Polizeipräsidium nimmt.
Kalle sei also seit 2007 in der Szene aktiv und war immer wieder Ziel polizeilicher Maßnahmen. Das ist insofern interessant, als dass er Jahrgang 1997 ist. Er wäre dann also seit seinem zehnten Lebensjahr ,,Problemfan‘‘. Wie man sich denken kann, handelt es sich hier allerdings um keinen Fall von ,,Früh übt sich‘‘, sondern um eine weitere schlicht und ergreifend falsch verwendete Begründung. Diese wirft daher die gleiche Frage auf wie im vorherigen Abschnitt.
Neben den letztgenannten Abschnitten, die die Frage nach der Sorgsamkeit der Begründung aufwerfen und dem Schreiben einen regelrecht absurden Charakter verleihen, stehen insbesondere die ersten Punkte sinnbildlich für unsere Kritik an der Vergabe der Verbote. Eine Kontrolle, bei der rein gar nichts passiert ist und die Tatsache, dass noch kein rechtskräftiges Urteil gegen Kalle vorliegt, bestätigen uns in unserer Auffassung, dass die Maßnahmen oft überzogen und vorschnell ausgesprochen werden.
Wie in der Vergangenheit rufen wir daher die zuständigen Polizeipräsidien dazu auf, ihre Praxis zu überdenken und mehr Sorgsamkeit bei der Vergabe walten zu lassen.
Alle Fans, die in Zukunft von Betretungsverboten betroffen sind, rufen wir dazu auf sich bei uns zu melden – wir helfen Euch!
Allen Borussen, denen es morgen erlaubt ist nach Köln zu fahren, wünschen wir einen stressfreien Spieltag. Sollte es doch zu Problemen kommen, erreicht ihr die Fan-Hilfe wie gewohnt unter unserer Notfallnummer: 0157/36759964
Fan-Hilfe Mönchengladbach