Der 11. Februar 2017 hielt für die Fanszene Mönchengladbach ein weiteres trauriges Kapitel im Umgang der Polizei mit Fußballfans bereit. Zum Sachverhalt:
Am 11. Februar 2017 kam es beim Auswärtsspiel von Borussia Mönchengladbach in Bremen zu einem unverhältnismäßigen Einsatz der Polizei gegen einen Fan aus Mönchengladbach. Die Fan-Hilfe dokumentiert im Folgenden den Ablauf der Ereignisse und nimmt Stellung dazu:
Nach einer entspannten Anreise bis zum Hauptbahnhof Bremen wollte eine größere Gruppe von Borussia-Fans den direkten Weg zum Stadion antreten. Dass man als Fußballfan in Bremen von einem unverhältnismäßig großen Aufgebot der Polizei empfangen und zwischen behelmten Beamten und aufdringlicher Musik über Lautsprecheranlagen direkt in die Shuttlebusse verfrachtet wird, kennt man aus vorherigen Spielen in Bremen.
Für erste, größere Verwunderung sorgte dagegen das neue System innerhalb des Bahnhofs: So fand hier nicht etwa eine Trennung von Heim- und Gästefans statt, sondern man trennte Menschen und Fußballfans. Ein äußerst kleiner, abgesperrter Korridor sollte die Fußballfans beider Couleur durch den Bahnhof manövrieren, während auf der anderen Seite die vermeintlich „normalen“ Menschen ihrem Leben nachgehen konnten.
Vor dem Einstieg in die Busse, der durch Absperrgitter verengt wurde, wurde ein Großteil der Fans von eingesetzten Hundertschaft über die Inhalte der mitgebrachten Taschen befragt. Die obligatorische Frage nach Drogen oder Pyrotechnik wurden hierbei je nach Laune des jeweiligen Beamten durch eine Provokation oder extreme Unfreundlichkeit ergänzt.
An diesem Punkt beginnt für Fan-Hilfe Mitglied Norman (Name geändert) der Tag ein Gebrauchter zu werden. Auf die Fragen nach dem Inhalt seines Rucksackes machte er deutlich, lediglich Zaunfahnen bei sich zu führen und stieg in den Bus. Die etwa zehnminütige Busreise zum Stadion wurde wie gewohnt von Polizisten begleitet. Während die erste Busbesatzung am Osterdeich auf die übrigen Mitfahrer in einem späteren Bus wartete, bemerkte man bereits die vollständige Maskierung der anwesenden Beamten.
Nach der Ankunft des zweiten Busses machte sich der Tross von Borussia-Fans auf den Weg zum Weserstadion. Auf halber Strecke starteten die Beamten einen Angriff auf den oben genannten Norman mit seinem Rucksack. Dabei stürmten plötzlich Polizisten in die Menge, zogen den Borussia-Fan aus der Gruppe und trugen ihn einige Meter, um ihn dort zu überwältigen und zu Boden zu bringen. Durch den Sturz und zusätzlich mehrere Schläge ins Gesicht erlitt er diverse Verletzungen. Auch viele der übrigen Fans, die lediglich in der Nähe des gesuchten Fans standen, wurden bei der Aktion in Mitleidenschaft gezogen.
Die Beamten fanden – wie Norman ihnen am Bahnhof wahrheitsgemäß mitgeteilt hatte – lediglich Zaunfahnen in dem Rucksack.
Die Fan-Hilfe Mönchengladbach stellt zu dem Einsatz folgende Fragen:
Warum wurde die entsprechende Person nicht während der Busfahrt von einem der zahlreich anwesenden Beamten angesprochen? Eine zweite Kontaktaufnahme hätte den Sachverhalt sicher klären können, wenn dies nicht schon nach der ersten, ehrlichen Antwort der Fall gewesen sein sollte.
Wofür gibt es in Bremen Beamte der „Kontakt-Polizei“ wenn am Ende doch die Ortsfremde Hundertschaft das Kommando übernimmt?
Wofür gibt es in Deutschland sozialpädagogische Fanprojekte, deren Mitarbeiter die Fußballfans begleiten, wenn diese Mitarbeiter in solch einer Situation nicht zu Rate gezogen werden?
Warum wartet die Polizei nicht, bis die Fans 50m weiter am Stadion ankommen? Dort wären der Rucksack und dessen Inhalt ohnehin einer ausführlichen Kontrolle unterzogen worden.
Warum müssen die Fans deeskalierend wirken, sich menschenunwürdig behandeln lassen, sich schlagen und beleidigen lassen, obwohl die Polizei eine professionelle Ausbildung genossen hat?
Norman hat seine Verletzungen ärztlich attestieren lassen. In den Tagen nach dem Spiel hat er mit Unterstützung der Fan-Hilfe Strafanzeige gegen die entsprechenden – teils bekannten, teils unbekannten – Beamten gestellt. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens wird die Fan-Hilfe an dieser Stelle berichten.