Unsere Stellungnahme zu der Forderung von Rainer Wendt (Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft), die Polizei solle die Möglichkeit bekommen, selber bundesweite Stadionverbote aussprechen zu dürfen.
Wir sind es ja gewohnt, die Äußerungen von Herrn Wendt mit einer Mischung aus Verwunderung und Empörung zur Kenntnis zu nehmen. So ist es auch im Hinblick auf seine jüngste Forderung, die Polizei solle selber in die Lage versetzt werden, bundessweite Stadionverbote aussprechen zu dürfen.
Wir nehmen dies zum Anlass zu der folgenden Stellungnahme:
Im rechtlichen Grundsatz ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Erwerb einer Eintritts- oder Dauerkarte zu einem Spiel der von der DFL veranstalteten Fußballbundesliga um einen privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Veranstalter des Spiels, im Regelfall dem Heimverein, und dem Erwerber der Eintritts-/Dauerkarte handelt. Die Polizei oder andere staatliche Organe haben hiermit nichts zu tun.
Im Rahmen seines Hausrechts steht es jedem Verein frei, Personen, welche gegen die Stadionordnung, die Teil des genannten privatrechtlichen Vertrages ist, verstoßen und so ihrerseits „vertragsbrüchig“ werden, den Zutritt zu Fußballspielen zu verweigern. So weit, so normal und nicht einmal fußballspezifisch.
Um zu verhindern, dass gegenüber Personen, gegen die ein der DFL angehöriger Verein ein Stadionverbot ausgesprochen hat, auch von allen anderen Vereinen ein eigenes Stadionverbot ausgesprochen werden müsste, haben sich die der DFL angeschlossenen Vereine gegenseitig bevollmächtigt, auch mit Wirkung für alle anderen Vereine im Bereich der DFL Stadionverbote auszusprechen. Um insoweit eine Einheitlichkeit und zumindest den Versuch des Anscheins der Rechtsstaatlichkeit zu wahren, sind eigens für derartige Stadionverbote seitens der DFL Richtlinien erlassen worden, welche im Wesentlichen, und hier entfernen wir uns von der ansonsten in unserem Rechtsstaat angewandten Praxis, eine Umkehrung der Unschuldsvermutung zu Lasten der einer Straftat im Zusammenhang mit Fußballspielen Verdächtigen darstellen.
Konkret: Wird ein Fußballfan einer Straftat verdächtigt, muss er, will er die Verhängung eines bundesweiten Stadionverbotes verhindern, nachweisen, dass er keine Straftat begangen hat.
Die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Geringfügigkeit nach den Vorschriften der §§ 153, 153 a StPO beseitigt nach eindeutiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts die Unschuldsvermutung grundsätzlich nicht (siehe „Fall Edathy“, der nach Einstellung seines Verfahrens ja nun weiter als unschuldig gilt). Trotzdem führt die Einstellung eines Strafverfahrens nach den Stadionverbotsrichtlinien nicht zu einer Unwirksamkeit/Anfechtbarkeit des ausgesprochenen Stadionverbotes. Die Vereine haben lediglich die Möglichkeit, nicht die Verpflichtung, Stadionverbote zu verkürzen/aufzuheben.
Die Umkehrung der Unschuldsvermutung dürfte an sich schon eine Besonderheit darstellen, die neben dem Fußballsport ihresgleichen sucht. Eine ganz neue zusätzliche Dimension erhält das Verfahren rund um das „Stadionverbot“ durch den Vorschlag des Herrn Wendt, nicht die DFL, nicht die Vereine, sondern die Polizei als Träger staatlicher Hoheitsgewalt solle darüber zu befinden haben, wer ein Bundesligaspiel besuchen darf und wer nicht.
Erstaunlich ist diese Idee vor allem deshalb, weil es sich – wie dargestellt – bei der Veranstaltung von Fußballspielen und deren Besuch um eine rein privatrechtliche Angelegenheit zwischen Vereinen und Zuschauern handelt, an welcher der Staat – hier in Gestalt der Polizei – in keiner Art und Weise beteiligt ist. Von dem rein privaten Rechtsgeschäft des Erwerbs einer Eintritts- oder Dauerkarte wird die Polizei in rechtlicher Hinsicht in keiner Art und Weise tangiert.
Auch ist zu bemerken – Herr Wendt mag uns an dieser Stelle im Falle eines Irrtums gerne korrigieren – dass die Polizei selber gar nicht Veranstalter der Spiele der Fußballbundesliga oder Eigentümer, Mieter oder Pächter der Bundesligastadien ist. Es ist deshalb auch nicht ansatzweise ersichtlich, woraus Herr Wendt ein Hausrecht, welches derjenige, der ein Stadionverbot ausspricht, zumindest nach geltender Rechtslage innehaben muss, für die Polizeibehörden herleitet. Es sei denn, Herr Wendt würde gar die Verstaatlichung sämtlicher Fußballvereine inkl. Stadien oder gleich des kompletten DFB samt DFL fordern.
Es bleibt somit festzuhalten, dass keinerlei Rechtsgrundlage für durch Polizeibehörden ausgesprochene Stadionverbote ersichtlich ist. Auch erscheint eine solche weder notwendig – die jüngste Entscheidung der DFB-Sportgerichtsbarkeit gegen den 1. FC *öln belegt, dass „der Fußball“ sich insofern auch ohne Mithilfe der Polizei zu helfen weiß-, noch ließe sich eine solche ohne Widersprüche zu der privatrechtlichen Ausgestaltung des Fußballsports umsetzen.
Aus den genannten Gründen lehnen wir eine Befugnis der Polizeibehörden, Stadionverbote auszusprechen, entschieden ab. Herr Wendt forderte in der Vergangenheit ja bereits mehrfach weitere Befugnisse für die Polizei, um im selben Augenblick die permanente Überforderung seiner Kollegen zu beklagen. In diesen kuriosen Zusammenhang dürfte wohl auch sein Vorschlag zum „Stadionverbot“ fallen.
Eure Fan-Hilfe Mönchengladbach