Fan-Hilfe Mönchengladbach kritisiert Öffentlichkeitsfahndung

Vor knapp zwei Wochen wurde gegen neun Fans von Borussia Mönchengladbach eine Öffentlichkeitsfahndung angeordnet. Die Personen wurden beschuldigt im Zusammenhang mit Vorfällen in einem Zug nach dem Auswärtsspiel unserer Borussia in Wolfsburg am 5.3.2016 zu stehen.

Das Instrument der Öffentlichkeitsfahndung ist ein hartes Mittel, welches einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Gesuchten vorsieht. Man kann sich vorstellen, wie belastend es sein muss, am Arbeitsplatz und von Freunden und Familie auf den Sachverhalt angesprochen zu werden, wenn alle Welt es mitbekommt. Oftmals bleibt es nicht nur beim bloßen „ansprechen“, sondern führt, beispielsweise am Arbeitsplatz, zu erheblichen Konsequenzen bis hin zum Verlust desselben.
Aus diesem Grund setzt die Strafprozessordnung den Behörden aus gutem Grund hohe Schranken für die Zulässigkeit dieses Instruments. Zulässig ist eine Öffentlichkeitsfahndung nach § 131b StPO, der die „Veröffentlichung von Abbildungen des Beschuldigten oder Zeugen“ regelt, wenn die Aufklärung einer Straftat oder die Feststellung der Identität „erheblich weniger Erfolg versprechend“ oder „wesentlich erschwert“ wäre.

Die Fan-Hilfe Mönchengladbach sieht diese Grundsätze im vorliegenden Fall nicht gewahrt und daher ein rechtswidriges Vorgehen, welches die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt. Im Folgenden zählen wir einige Punkte auf, die uns zu diesem Schluss kommen lassen:

– Mindestens eine Person, die bei der Öffentlichkeitsfahndung gesucht worden ist, hat bereits für genau diesen Vorfall Post von der Polizei erhalten. Den Behörden war also nicht nur klar, um wen es sich bei der gesuchten Person handelt, sondern hatte sie auch schon kontaktiert. Warum trotzdem öffentlich nach der Person gefahndet werden musste, bleibt das Geheimnis der Dortmunder Bundespolizei.

– Mehrere Personen wurden vor den besagten Vorfällen schon einmal erkennungsdienstlich behandelt, dürfte den Behörden also ebenfalls zweifelsfrei bekannt gewesen sein. Diese Personen dürften ebenfalls in bundesweit verfügbaren Dateien der Polizei gespeichert sein, auf die man ohne Probleme hätte zugreifen können.

– Mehrere Personen sind ohne jeden Zweifel den szenekundigen Beamten (SKB) aus Mönchengladbach bekannt. Eine kurze Konsultierung der SKB’s, die immerhin genau für solche Fälle da sind, hat offensichtlich nicht einmal stattgefunden. „Wesentlich schwerer“, wie es das Gesetz so schön formuliert, wäre dieses Vorgehen sicherlich nicht gewesen und hätte viel schneller und leichter zum Erfolg geführt.

Die Fan-Hilfe Mönchengladbach zweifelt darüber hinaus die generelle Einordnung der Fans als Beschuldigte an. Uns ist bereits vor der Fahndung ein Fan bekannt gewesen, der eine Anzeige wegen der Vorfälle im Zug bekommen hat, jedoch nachweislich nicht einmal Insasse in diesem Zug war. Es hat dort keine Videoüberwachung gegeben (die veröffentlichten Fotos stammen aus einem vorangegangenen Zug), die Beschuldigungen gegen sämtliche Fans stützen sich daher wohl nur auf Zeugenaussagen. Diese Zeugenaussagen lagen mindestens in diesem einen Fall falsch. Es ist zu bedenken, dass sie auch bei einigen oder allen neun Fällen der Öffentlichkeitsfahndung falsch liegen könnten.

Den Fans hilft das gleichwohl wenig. Der Schaden bei ihnen ist angerichtet, sei es in Form von unangenehmen Ansprachen der Familie oder gar direkten Konsequenzen am Arbeitsplatz.

Die Fan-Hilfe Mönchengladbach unterstützt alle Betroffenen bei der Aufarbeitung der Ereignisse und wird weitere Schritte in die Wege leiten. Insbesondere werden wir die Missachtung des besagten § 131b beanstanden und etwaige Schmerzensgeldforderungen wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte geltend machen.

Fans, die in Zukunft Opfer solcher Maßnahmen werden, ermutigen wir, sich bei uns zu melden.

Fan-Hilfe Mönchengladbach

Fan-Hilfe Mönchengladbach zu Vorfall beim Auswärtsspiel in Bremen

Der 11. Februar 2017 hielt für die Fanszene Mönchengladbach ein weiteres trauriges Kapitel im Umgang der Polizei mit Fußballfans bereit. Zum Sachverhalt:
Am 11. Februar 2017 kam es beim Auswärtsspiel von Borussia Mönchengladbach in Bremen zu einem unverhältnismäßigen Einsatz der Polizei gegen einen Fan aus Mönchengladbach. Die Fan-Hilfe dokumentiert im Folgenden den Ablauf der Ereignisse und nimmt Stellung dazu:
Nach einer entspannten Anreise bis zum Hauptbahnhof Bremen wollte eine größere Gruppe von Borussia-Fans den direkten Weg zum Stadion antreten. Dass man als Fußballfan in Bremen von einem unverhältnismäßig großen Aufgebot der Polizei empfangen und zwischen behelmten Beamten und aufdringlicher Musik über Lautsprecheranlagen direkt in die Shuttlebusse verfrachtet wird, kennt man aus vorherigen Spielen in Bremen.
Für erste, größere Verwunderung sorgte dagegen das neue System innerhalb des Bahnhofs: So fand hier nicht etwa eine Trennung von Heim- und Gästefans statt, sondern man trennte Menschen und Fußballfans. Ein äußerst kleiner, abgesperrter Korridor sollte die Fußballfans beider Couleur durch den Bahnhof manövrieren, während auf der anderen Seite die vermeintlich „normalen“ Menschen ihrem Leben nachgehen konnten.
Vor dem Einstieg in die Busse, der durch Absperrgitter verengt wurde, wurde ein Großteil der Fans von eingesetzten Hundertschaft über die Inhalte der mitgebrachten Taschen befragt. Die obligatorische Frage nach Drogen oder Pyrotechnik wurden hierbei je nach Laune des jeweiligen Beamten durch eine Provokation oder extreme Unfreundlichkeit ergänzt.
An diesem Punkt beginnt für Fan-Hilfe Mitglied Norman (Name geändert) der Tag ein Gebrauchter zu werden. Auf die Fragen nach dem Inhalt seines Rucksackes machte er deutlich, lediglich Zaunfahnen bei sich zu führen und stieg in den Bus. Die etwa zehnminütige Busreise zum Stadion wurde wie gewohnt von Polizisten begleitet. Während die erste Busbesatzung am Osterdeich auf die übrigen Mitfahrer in einem späteren Bus wartete, bemerkte man bereits die vollständige Maskierung der anwesenden Beamten.
Nach der Ankunft des zweiten Busses machte sich der Tross von Borussia-Fans auf den Weg zum Weserstadion. Auf halber Strecke starteten die Beamten einen Angriff auf den oben genannten Norman mit seinem Rucksack. Dabei stürmten plötzlich Polizisten in die Menge, zogen den Borussia-Fan aus der Gruppe und trugen ihn einige Meter, um ihn dort zu überwältigen und zu Boden zu bringen. Durch den Sturz und zusätzlich mehrere Schläge ins Gesicht erlitt er diverse Verletzungen. Auch viele der übrigen Fans, die lediglich in der Nähe des gesuchten Fans standen, wurden bei der Aktion in Mitleidenschaft gezogen.
Die Beamten fanden – wie Norman ihnen am Bahnhof wahrheitsgemäß mitgeteilt hatte – lediglich Zaunfahnen in dem Rucksack.

Die Fan-Hilfe Mönchengladbach stellt zu dem Einsatz folgende Fragen:

Warum wurde die entsprechende Person nicht während der Busfahrt von einem der zahlreich anwesenden Beamten angesprochen? Eine zweite Kontaktaufnahme hätte den Sachverhalt sicher klären können, wenn dies nicht schon nach der ersten, ehrlichen Antwort der Fall gewesen sein sollte.
Wofür gibt es in Bremen Beamte der „Kontakt-Polizei“ wenn am Ende doch die Ortsfremde Hundertschaft das Kommando übernimmt?
Wofür gibt es in Deutschland sozialpädagogische Fanprojekte, deren Mitarbeiter die Fußballfans begleiten, wenn diese Mitarbeiter in solch einer Situation nicht zu Rate gezogen werden?
Warum wartet die Polizei nicht, bis die Fans 50m weiter am Stadion ankommen? Dort wären der Rucksack und dessen Inhalt ohnehin einer ausführlichen Kontrolle unterzogen worden.
Warum müssen die Fans deeskalierend wirken, sich menschenunwürdig behandeln lassen, sich schlagen und beleidigen lassen, obwohl die Polizei eine professionelle Ausbildung genossen hat?

Norman hat seine Verletzungen ärztlich attestieren lassen. In den Tagen nach dem Spiel hat er mit Unterstützung der Fan-Hilfe Strafanzeige gegen die entsprechenden – teils bekannten, teils unbekannten – Beamten gestellt. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens wird die Fan-Hilfe an dieser Stelle berichten.

Fan-Hilfe Mönchengladbach kritisiert fragwürdige Vergabepraxen von Stadionverboten

„Das hat schon seine Richtigkeit“, „Der wird es schon verdient haben“ – solche Aussagen hört man oft von Personen, die sich nicht näher mit dem Instrument des bundesweiten Stadionverbots (kurz: SV) befasst haben. Dabei fällt bei näherer Betrachtung auf, dass die Vergabepraxis dieses einschneidenden Verbots bei sehr vielen Vereinen unterschiedlich ausfällt und SV’s viel zu oft viel zu voreilig ausgesprochen werden. Im Folgenden wollen wir daher zwei Beispiele von Mitgliedern der Fan-Hilfe Mönchengladbach erläutern, die viel unterschiedlicher nicht hätten ausfallen können und daher exemplarisch für das Dilemma stehen.

Fall #1:

Am 31.10.2015 kam es beim Auswärtsspiel von Borussia bei Hertha BSC zum Abbrennen von Pyrotechnik im Gästeblock. Im Nachgang der Partie wurde Fan-Hilfe-Mitglied Max* als vermeintlicher Täter seitens des Ordnungsdienstes und eines szenekundigen Beamten identifiziert. Vermeintliche Grundlage dafür waren eine dunkle Oberbekleidung und bunte, auffällige Schuhe des Beschuldigten. Max erhielt kurz vor dem Jahreswechsel eine Anzeige und die dazugehörige Vorladung der zuständigen Polizeidienststelle in Berlin zugestellt. Der Vorwurf lautete Körperverletzung gegen die Allgemeinheit. Außerdem schickt der Verein Hertha BSC einen Brief, indem die Absicht erklärt wird, ein bundesweites Stadionverbot auszusprechen.

Gemeinsam mit der Fan-Hilfe erfolgten nun zwei Schritte: Einerseits wurde der Termin der Vorladung vom Fan-Hilfe-Anwalt Johannes Daners abgesagt und stattdessen die Akte des Ermittlungsverfahrens angefordert, andererseits setzte die Fan-Hilfe ein Schreiben an den Verein Hertha BSC auf, in dem unter Schilderung des aktuell schwebenden Verfahrens um eine Aufschiebung der geplanten Aussprechung des SV’s gebeten wurde. Hertha BSC kam dieser Bitte lobenswerter Weise nach.

Die Akte des Ermittlungsverfahrens beinhaltete u.a. ein unscharfes Handyfoto und vage Aussagen von Augenzeugen. In der Zwischenzeit hatte die Fan-Hilfe öffentlich zugängliches Fotomaterial gesichtet, welches den Beschuldigten eindeutig entlasten konnte. Auf den besagten Fotos war er über die gesamte Dauer der pyrotechnischen Aktion in mehreren Metern Entfernung zum „Tatort“ zu sehen. Rechtsanwalt Daners übermittelte die entlastenden Fotos der zuständigen Staatsanwaltschaft und kürzlich wurde das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Fall #2:

Am 30.4.2016 spielte Borussia beim FC Bayern in München. Fan-Hilfe-Mitglied Moritz* wird noch vor dem Spiel von Beamten der Münchner Polizei in Gewahrsam genommen. Ihm wird vorgeworfen an einem räuberischen Diebstahl beteiligt gewesen zu sein, der sich vor dem Stadion abgespielt hat. Moritz bestreitet die Vorwürfe.

Im Nachgang erhält das Fan-Hilfe-Mitglied erst einen Brief vom FC Bayern, in dem erklärt wird, dass wegen des Tatvorwurfs die Absicht besteht ein bundesweites Stadionverbot auszusprechen. Ähnlich wie im Berliner Fall #1 schreibt die Fan-Hilfe stellvertretend für ihr Mitglied, dass aktuell noch nicht einmal ein Schreiben des Ermittlungsverfahrens vorliegt, geschweige denn Akteneinsicht genommen werden konnte. Mit Hinweis auf das schwebende Verfahren wird um die Aufschiebung der Aussprechung des SV’s gebeten.

Der FC Bayern reagierte gar nicht auf das Schreiben der Fan-Hilfe und sprach ein bundesweites Stadionverbot gegen unser Mitglied aus. Die Anzeige ist eingetroffen, während das Stadionverbot bereits ausgesprochen war. Obwohl das Verfahren, genau wie im ersten Fall, offen ist und es noch keine Anklage gibt, hat Moritz in dieser Saison noch kein Spiel seines Vereins im Stadion gucken dürfen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Trotz der nahezu identischen Ausgangslage beider Verfahren könnte der Umgang der Vereine mit unseren beiden Mitgliedern kaum unterschiedlicher sein. Bei einer Vergabepraxis wie der des FC Bayern, bei der ein Stadionverbot noch weit vor einem möglichen Urteil ausgesprochen wird, fehlt jedes rechtsstaatliche Prinzip. Dass die Vereine durch das Hausrecht und die Stadionverbotsrichtlinien die Möglichkeit zu dieser fragwürdigen Art der Vorverurteilung haben, bedeutet nicht, dass man auch davon Gebrauch machen muss.

Viel mehr fordern wir als Fan-Hilfe, dass ein Stadionverbot nicht ohne eine juristische Grundlage ausgesprochen werden darf. Zu bestimmen, ob diese Grundlage vorliegt, obliegt jedoch den deutschen Gerichten, nicht den Stadionverbots- und Sicherheitsbeauftragten von Fußballvereinen. Die Devise muss daher lauten: Kein Stadionverbot ohne Urteil!

Ausdrücklich einschließen in unsere Kritik wollen wir natürlich nicht nur den FC Bayern München, sondern auch alle anderen Vereine, die SV’s lediglich auf der Grundlage von Ermittlungsverfahren aussprechen – inklusive unserer Borussia.

* Namen geändert

Betretungsverbot wegen einseitiger Ermittlungen gekippt!

Ein Mitglied der Fan-Hilfe Mönchengladbach erhielt für das Derby in Köln 2015 ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für die Stadt Köln. Mit Unterstützung der Fan-Hilfe ging der Fan bereits vor dem Spiel gegen die Maßnahme des Polizeipräsidiums Köln vor, das Gericht erkannte aufgrund des damaligen Boykotts leider nicht die Notwendigkeit für ein Eilverfahren. Nun kam es zur Verhandlung der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht Köln, bei welcher die Rechtswidrigkeit des Verbots erkannt wurde.

Johannes Daners, Anwalt der Fan-Hilfe Mönchengladbach, erklärt dazu:

„Das hatten sich die Vertreter der Kölner Polizeibehörde anders vorgestellt. Mit deutlichen Worten machte die Richterin am Verwaltungsgericht Köln den Beamten klar, dass bei der Aussprache eines Betretungsverbotes nicht nur einseitig die polizeilichen Erkenntnisse bezüglich vergangener Ermittlungsverfahren – welche überwiegend mit einer Einstellung endeten – berücksichtigt werden dürfen, sondern dass die Begründung eines Betretungsverbotes sich insbesondere bei bereits länger zurückliegenden Ermittlungsverfahren auch zu der Entwicklung des Betroffenen seit Abschluss des letzten Verfahrens verhalten muss. Andernfalls, so machte die Richterin deutlich, ist das Betretungsverbot rechtswidrig.

Was war passiert?

Das Kölner Polizeipräsidium hatte anlässlich des Auswärtsspiels in Köln in der Saison 2015/2016 ein Betretungsverbot für den kompletten Bereich der Stadt Köln gegen einen Gladbacher Anhänger ausgesprochen, der nach polizeilichen Erkenntnissen ein „Rädelsführer der Ultraszene“ sein soll und hinsichtlich dessen polizeiliche Erkenntnisse aus der Vergangenheit vorlägen, wobei die diesbezüglichen Ermittlungsverfahren, soweit sie Gewaltvorwürfe zum Gegenstand hatten, eingestellt worden sind. Darüber hinaus war polizeilich bekannt, dass der Fan sich ehrenamtlich in verschiedenen Einrichtungen und Vereinen, gerade auch im Zusammenhang mit der Fanszene in Mönchengladbach, engagiert. Diese ehrenamtlichen Tätigkeiten waren der Polizei bekannt, blieben in der Begründung des Betretungsverbots jedoch gänzlich unberücksichtigt. Vielmehr stellte sie allein darauf ab, dass von dem Fan angesichts der vergangenen Verfahren die Gefahr von Gewalttätigkeiten ausginge.

So geht es nicht, machte die Verwaltungsrichterin den anwesenden Vertretern der Kölner Polizei deutlich, worauf diesen nichts anderes übrig blieb, als anzuerkennen, dass das Betretungsverbot rechtswidrig gewesen ist.“

Wir als Fan-Hilfe begrüßen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln ausdrücklich. Unsere Meinung, dass bei Betretungsverboten oftmals dem Gießkannenprinzip der Vorzug vor einer genauen Anschauung der einzelnen Person gegeben wird, sehen wir bestätigt. Die zuständigen Beamten der Polizeipräsidien rufen wir auf, sich auf rechtsstaatliches Handeln zu besinnen und von dem massenhaften Aussprechen solcher Verbote Abstand zu nehmen.

Wir ermutigen erneut alle Fans, die von Maßnahmen der Polizei betroffen sind, sich bei uns zu melden.

Fan-Hilfe Mönchengladbach

Gemeinsame Stellungnahme der Kurvenhilfe Leverkusen und der Fan-Hilfe Mönchengladbach

In den letzten Tagen erreichte einige Anhänger der aktiven Fanszene von Bayer Leverkusen unangenehme Post der Polizei. Gegen Teile der Stadionverbotler – aber auch gegen Personen ohne Stadionverbot – wird für das Auswärtsspiel der Werkself in Mönchengladbach ein Stadtverbot für das gesamte Stadtgebiet in Mönchengladbach ausgesprochen! Dass Stadtverbote einen massiven Eingriff auf die persönliche Bewegungsfreiheit eines jeden Menschen ausüben, diesen in seiner Freiheit und in der Auslebung seiner Passion einschränken und die bloße Tatsache eines Stadtverbotes die betreffenden Personen pauschal kriminalisiert, denunziert und unter Umständen vor dem Arbeitgeber, der Familie, Freunden und Verwandten bloßstellt, wurde in der Vergangenheit häufig angeprangert und den entsprechenden Behörden dargelegt. (http://www.nk12.de/stadioneck-bleibt-heute-geschlossen/)

Die nun ausgestellten Stadtverbote stellen allerdings einen neuen Höhepunkt der Unverhältnismäßigkeit dar. Die Polizei begründet die Stadtverbote unter anderem damit, dass „das Verhältnis zwischen den Problemfangruppen von Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen aus polizeilicher Sicht als rivalisierend eingestuft wird.“ Dieser Einschätzung widersprechen wir als Rechtshilfen der zwei Fanszenen vehement. Beide Lager pflegen seit Jahren ein ziemlich neutrales Verhältnis. Von rivalisierend oder gar feindschaftlich kann hier keine Rede sein. Zwischen den Ultrágruppen gibt es einige persönliche Kontakte, weshalb Ausschreitungen oder ähnliche Horrorszenarien am Samstag mehr denn je auszuschließen sind! In der Vergangenheit haben Stadionverbotler beider Vereine die Spiele sogar gemeinsam verfolgt. Darüber hinaus werden die Stadtverbote mit Vorkommnissen und Ereignissen begründet, bei welchen es weder zu Straftaten, noch zu Ermittlungsverfahren gekommen ist, geschweige denn die betreffenden Personen rechtskräftig verurteilt wurden. Eine bloße Personenkontrolle an einem Spieltag vor mehreren Jahren ist also einer der Gründe weshalb man es im Jahre 2016 als legitim erachtet, die Bewegungsfreiheit von nicht vorbestraften Fußballfans einzuschränken.

Beim letzten Aufeinandertreffen unserer Vereine in Mönchengladbach kam es nach dem Spiel zu Auseinandersetzungen zwischen Leverkusener Anhängern und der dort eingesetzten Polizei. Grund hierfür war eine verbale Auseinandersetzung eines Gladbacher und eines Leverkusener Fans, im Zuge dessen die eingesetzten Beamten unverhältnismäßig und augenscheinlich übermotiviert unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken einschritten. Wir können uns vorstellen, dass diese Vorkommnisse unter anderem als Grund für die ausgesprochenen Stadtverbote in internen Polizeikreisen aufgeführt werden. Wer nun denkt, es trifft bei den betroffenen Personen nur diejenigen, die an dieser Auseinandersetzung beteiligt waren, liegt falsch. Es trifft willkürlich Personen aus der gesamten Fanszene. Unabhängig davon ob der Betroffene an diesem Tag überhaupt in Mönchengladbach anwesend war oder bei den genannten Vorkommnissen „mitgemischt“ hat oder nicht.

Als Fanhilfen hinterfragen wir an dieser Stelle deutlich den Sinn der ausgesprochenen Stadtverbote und lehnen selbige strikt ab! Die Fanhilfen aus Mönchengladbach und Leverkusen fordern von den Behörden einen besonneneren Umgang mit Stadtverboten – wenn schon nicht auf deren Aussprache verzichtet wird. Das hiesige Vorgehen rechtfertigt die Annahme, dass von Teilen der Exekutive Anmaßungen und Beurteilungen durchgeführt werden, welche sich nicht nur fernab jeder Realität bewegen sondern auch zeigen, dass man über Sachverhalte urteilt und richtet, von welchen man bei den entsprechenden Behörden ganz offensichtlich weniger Ahnung hat, als man es gerne außerhalb darstellt. Es wird deutlich, dass hier mit reiner Willkür versucht wird, den Fans weiter ihre Freude am Fußball zu nehmen und diese an der Auslebung ihrer Leidenschaft zu hindern.

Es ist und bleibt zu verurteilen wie in Deutschland mit Fußballfans umgegangen wird!

Persönliche Datenauskunft – Datei Gewalttäter Sport

Am morgigen Tag bei unserem Heimspiel gegen Darmstadt habt ihr die Möglichkeit in Zusammenarbeit mit der Fan-Hilfe Mönchengladbach eine persönliche Datenauskunft, bezüglich der Datei Gewalttäter Sport, anzufordern. Hierzu braucht ihr lediglich euren Bundespersonalausweises (idealerweise direkt als Kopie), sowie 1 €.

Oft wissen Betroffene nicht einmal, dass Sie in dieser Datei geführt werden und die Löschung der Daten gestaltet sich erfahrungsgemäß besonders kompliziert.

Ihr findet uns, wie gewohnt, an unserem Fan-Hilfe Info-Stand direkt vor der Nordkurve. Die benötigten Daten werden selbstverständlich äußerst rücksichtsvoll behandelt und ausschließlich zur Identifizierung genutzt.

Bundespolizei stoppt Fankonvoi auf dem Weg nach Manchester

Am vergangenen Montag, dem 7. Dezember, machte sich eine größere Reisegruppe Mönchengladbacher Fans auf den Weg zum Auswärtsspiel in Manchester. Gegen 20 Uhr fuhren die drei Doppeldecker in Mönchengladbach los. Die Vorfreude, die Fohlenelf beim vorerst letzten Champions League-Spiel zu unterstützen, fand jedoch ein plötzliches Ende, als nach wenigen Kilometern, kurz vor der Autobahnauffahrt, zahlreiche Blaulichter aufblitzten und sich schätzungsweise 15 Autos der Bundespolizei vor die einzelnen Busse setzten. Der Anweisung den Beamten zu folgen wurde Folge geleistet, nach einer kurzen Fahrt über die Autobahn wurden alle Busse auf den Parkplatz „Hoher Busch“ in Viersen geführt. Dort erwartete die Fans ein bereits aufgebautes Szenario aus Zelten, Leuchtaufbauten des THW, ein paar Baustellentoiletten und weiteren dutzenden, vermummten Beamten, inklusive Polizeihunden. Ebenfalls befanden sich Beamte der spezialisierten „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit“ (kurz: BFE) auf dem Gelände.

Den Organisatoren der Reisegruppe und anwesenden Mitarbeitern des sozialpädagogischen Fanprojekt DeKull’s, die sich als Ansprechpartner zur Verfügung stellten, wurde erklärt, dass sich die Reisegruppe nun einer Ausreisekontrolle zu unterziehen hätte. Diese hätte ausdrücklich nur zum Ziel, nach Pyrotechnik oder Betäubungsmitteln zu suchen, da die Ausfuhr strafbar sei. Erkennungsdienstliche Behandlungen, etwa Fotos von den Mitreisenden zu machen, würden nicht erfolgen. Auf den Einwand der genannten Ansprechpartner hin, die Maßnahmen, insbesondere das Betreten der Busse, ohne Vermummung und Helme zu vollziehen, um ein provokantes Auftreten zu vermeiden, wurde ohne Angabe von Gründen abgelehnt. In Folge dessen wurde ein Bus nach dem Anderen folgender Prozedur unterzogen:

Ein Beamter der Bundespolizei richtete sich über die Lautsprecheranlage des Busses an die Businsassen. Die Busse würden nun durchsucht werden, die Beamten würden dazu in den Bus kommen und außerdem mit einem Hund nach Pyrotechnik und Betäubungsmitteln suchen. Weitere Anweisungen würde es nicht geben, Zuwiderhandlungen hätten unmittelbar körperlichen Zwang zur Folge, dies sei „die letzte Warnung“. Kurz darauf betraten, wie angekündigt, ca. 20 vermummte und behelmte Beamte den Bus und verteilten sich auf die Länge der zwei Etagen. Nachdem die Businsassen die Fächer an der Decke und den Gang freiräumen mussten, wurde der Spürhund in den Bus gelassen. Dieser wurde einmal quer durch die Gänge und zurück geführt.

Darüber hinaus forderte die Bundespolizei im Anschluss daran einzelne Personen aus dem gerade durchsuchten Bus auf, sich samt ihres Gepäcks hinaus zu begeben und sich einer intensiveren Behandlung zu unterziehen. Neben der, sowohl im Zelt, als auch draußen durchgeführten, peniblen Durchsuchung der Personen, ihrer Taschen und persönlichen Gegenstände wurden zudem, entgegen der anfangs ausdrücklich formulierten Aussage, Fotos der Personen aus mehreren Perspektiven gemacht. Zuletzt wurden die Fans über etwaige Vorhaben in Manchester gefragt. Dieser Befragung verweigerten sich die Personen.

Bei den Durchsuchungen, sowohl in den Bussen, als auch bei den einzelnen Personen außerhalb, wurden weder Pyrotechnik, noch Betäubungsmittel oder andere strafrechtlich relevante Dinge gefunden. Die Businsassen aller drei Busse verhielten sich während der Kontrollen, trotz des martialischen Auftretens der Beamten, ruhig.

Des Weiteren forderte die Polizei am Ende der Prozedur die Organisatoren der Busse auf, Listen mit den Daten der Businsassen auszuhändigen. Man könne alternativ auch eine Personalienkontrolle durchführen, was allerdings zu größeren zeitlichen Verzögerungen führen würde. Der Druck wurde noch dadurch erhöht, dass die Beamten die zeitlichen Verzögerungen ausdrücklich mit dem Zeitdruck der Fans verknüpften, ihre Fähre von Frankreich nach Großbritannien zu erreichen, was im Falle einer Personalienkontrolle nicht gewährleistet werden könnte.

Im Anschluss an die Behandlung wurde der Bus wieder von den Beamten vom Parkplatz geführt und bis zur holländischen Grenze eskortiert. Der vorausgegangenen Bitte, auf dem Parkplatz warten zu dürfen bis alle Busse kontrolliert worden sind, damit man die Weiterfahrt gemeinsam bestreiten kann, wurde von der Bundespolizei erneut ohne Angabe von Gründen abgelehnt.

Mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu fast drei Stunden konnte der letzte Bus vom Parkplatz fahren. Dass die Fähre im französischen Calais erreicht wurde, war lediglich der sehr üppigen Reiseplanung der Fans zu verdanken, die mit Problemen in Belgien und Frankreich rechneten, welche sich aufgrund der Sicherheitslagen in diesen Ländern hätten ergeben können.

In der Nachbetrachtung der Maßnahme stellen sich folgende Fragen:
Mit welcher Rechtfertigung betreibt die Bundespolizei einen so enormen Aufwand, um letztendlich Fußballfans bei einer Auswärtsfahrt zu kontrollieren, die in 15 Minuten nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich gelegen hätte? Die Beamten standen Berichten zufolge bereits einige Stunden zuvor an der Autobahnauffahrt, um den Buskonvoi in Empfang zu nehmen. Man darf davon ausgehen, dass auch das Szenario am Viersener „Hoher Busch“ nicht erst kurz zuvor aufgebaut war. Insgesamt knapp 100 Beamte, dazu die technischen Aufbauten des THW und die eingesetzten Hunde, das Ganze über einen Zeitraum von mindestens fünf Stunden, ergeben einen Einsatz, der dem Steuerzahler nicht gerade leicht auf der Tasche liegen wird. Das Ergebnis dieses großen Einsatzes ist kein einziger Fund von Pyrotechnik, Betäubungsmitteln oder anderer strafrechtlich relevanter Dinge.

Viel mehr bleibt als einziges Ergebnis dieses Einsatzes die Sammlung zahlreicher Daten und Fotos. Entgegen der anfangs formulierten Ankündigung, nur nach oben genannten Dingen zu suchen und keine Fotos zu machen, wurde von gut einem dutzend Borussia-Fans mehrere Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven gemacht Die Auswahl dieser Personen erfolgte zum Teil willkürlich, zum Teil anhand der in Nordrhein-Westfalen neu eingeführten „Intensivtäter-Datei“. Wobei auch dieses Kriterium als willkürlich bezeichnet werden muss: So finden sich in Mönchengladbach Personen in der Kartei, die der Polizei vor allem durch großes Engagement in der Fanszene ein Begriff sind und aufgrund ihrer besonderen Position in der Szene ins Visier der Behörden geraten. Weiterhin unterlaufen andere Fans die eigentlich selbst gesetzten Kriterien der Kartei, wonach nur besonders häufig vorgekommene oder besonders schwere Straftaten für eine Bezeichnung als Intensivtäter sorgen. Am vergangenen Montag ist allerdings auch ein Fan als Intensivtäter herausgerufen worden, der in den letzten Jahren lediglich einmal und nur aufgrund einer leichten Körperverletzung verurteilt worden ist. Zudem wurden Personen der intensiveren Kontrolle unterzogen, die weder privat, noch im Zusammenhang mit Fußball polizeibekannt geworden sind.

Zu konstatieren ist also ein unverhältnismäßiger und wenig ertragreicher Einsatz der Bundespolizei, der nur wegen der Weitsicht der Fans in ihrer Reiseplanung nicht zu größeren Problemen bei der Weiterfahrt geführt hat. Die, letztlich ergebnislose, Suche nach verbotenen Gegenständen endete in einer groß angelegten Datensammlung der Beamten. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, was mit diesen Daten geschehen ist oder noch geschieht, da hierüber ebenfalls keine Auskunft erteilt worden ist.

Ob dieses Ergebnis alleine einen solchen Aufwand rechtfertigt darf sowohl aus rechtsstaatlicher Sicht, als auch aus der Perspektive des Steuerzahlers getrost hinterfragt werden. Gerade in Anbetracht der aktuellen politischen Lage, in der insbesondere die Bundespolizei einen Personalmangel und die Überforderung ihrer Beamten beklagt, ist fraglich, ob hunderte Arbeitsstunden und ein Einsatz der BFE sinnvoll investiert sind, wenn man letzten Endes nur Daten von Fußballfans sammelt und deren Reisefreiheit behindert.

Die Fan-Hilfe Mönchengladbach wird die Akte zu der Maßnahme der Bundespolizei anfordern und in diesem Rahmen auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage anstreben um die Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen.

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